Trotz Corona: Kino war auch 2020 ziemlich geil!

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Was für ein beschissenes Kinojahr sollte man eigentlich meinen. Schließlich stand 2020 ganz im Zeichen der Coronakrise und daran hatten natürlich auch die Filmindustrie und so ziemlicher jeder Fan des bewegten Bildes schwer zu knabbern. Zahlreiche Blockbuster, auf die man sich schon teilweise seit Jahren gefreut hat, wurden verschoben, andere wurden direkt beim Streamingdienst deines Vertrauens geparkt.

Und die Kinos? Mussten erst knapp zwei Monate geschlossen bleiben, nur um dann auf die großen Titel zu warten, die da bis auf „Tenet“ nie eintrafen. Stattdessen: „Neue“ Titel aus den Monaten Prä-Lockdown und Aufgewärmtes und jetzt grad sind die Pforten wieder dicht. Ein einziges Trauerspiel.

Und trotzdem war nicht alles Mist in diesem Jahr. Denn unter den Filmen, die man 2020 auf der großen Leinwand, ob regulär oder im Festivalkontext, bewundern durfte, fanden sich doch tatsächlich jede Menge tolle Perlen, die wohl weitaus weniger Zuschauer fanden, als sie verdient gehabt hätten. Deswegen ist es dieses Mal umso wichtiger, auf sie alle hinzuweisen, um die frohe Kunde zu verbreiten: Auch in den vergangenen 365 Tagen war Kino sehr, sehr geil.

Hier sind die besten Filme 2020 in loser Reihenfolge und ohne viel Tamtam.

Reguläre Kinostarts in Deutschland

Knives Out

Was für ein irres Ensemble und was für ein noch verrückterer Spaß, den man bei dieser Krimi-Komödie doch haben kann. Ein frühes Highlight Anfang Januar, das sich bis zum Ende tief ins Hirn gebrannt hat. Übrigens auch eingebettet in einem tollen Abend mit ehemaligen Kollegen, der dann noch lange im Irish Pub weiterging. Good ol‘ days.

1917

Formschönes Kriegsepos in ewig langen (Pseudo-)Takes, das dadurch eigentlich weniger mit Kriegsgräueln schockiert, sondern eine handwerkliche Eleganz entfaltet, die man in dem Genre auch nicht alle Tage zu Gesicht bekommt. Der Höhepunkt am Ende ist einer der grandiosesten Kinomomente des Jahres und der Soundtrack von Thomas Newman ist auch (aber gerade deswegen) mindestens einen genaueren Hinhörer wert.

Little Women

Greta Gerwig ist schon toll, als Schauspielerin und als Regisseurin. „Little Women“ ist auch toll, mit einem prächtig aufgelegtem Ensemble, das durch eine rührende und gekonnt inszenierte Geschichte führt.

Ein verborgenes Leben

Terrence Malick ist zurück und so stark wie schon lange nicht mehr. Gewohnt gibt sich sein neuestes Werk langsam, bedächtig, philosophisch und wunderschön anzuschauen. Doch anders als die Jahre davor verwirrt er den unbedarften Kinogänger nicht mehr mit scheinbar völlig von der Narration losgelösten Impressionen, sondern erzählt tatsächlich…eine Geschichte. Der man sogar folgen kann. Trotzdem fehlen Malicks gewohnte, von vielen geliebte wie gehasste Manierismen nicht. Ich für meinen Fall liebe sie.

Sorry We Missed You

Schon zuvor wurde auf die mitunter sehr prekären Arbeitsbedingungen bei Paketlieferdiensten und ihren Fahrern aufmerksam gemacht und mit „Sorry We Missed You“ lieferte der Brite Ken Loach dann noch den passenden Film ab. Mit viel Mitgefühl für die arbeitende Bevölkerung und einem präzisen wie wütenden Blick auf die Umstände sensibilisiert sein Werk endgültig für das Thema und zwingt einen, das eigene Konsumverhalten zu reflektieren. Leider kam Corona dazwischen – und aktuell kommt man wegen des geschlossenes Einzelhandels wieder nicht drum herum, Pakete zu bestellen.

Queen & Slim

Eine moderne Bonnie-und-Clyde-Story, mächtig unterfüttert mit dem Zeitgeist entsprechendem, politischem Unterton und befeuert von starken Darbietungen. Ich hatte den Film wochenlang vor mir hergeschoben und fragte mich nach der Sichtung nur: Warum eigentlich? Ich weiß es nicht mehr.

The Gentlemen

Guy Ritchie macht endlich wieder das, was er meines Erachtens am besten kann: Dubiose, höchst unkorrekte Typen unterhaltsamst in Szene setzen in einer schelmisch-vertrackten Erzählung. Man fühlt sich an bessere Tage erinnert, durchaus, aber das Gefühl von Vertrautheit und einer Rückkehr zu besserer Form wirkt.

For Sama

Unerträglich. Herzzereißend. Schockierend. Aber auch: Rührend. Mutig. Wichtig. Eine äußerst intensive und oft grausame Doku, die Zartbesaitete meilenweit umgehen sollten, während sich alle anderen unbedingt vor Augen führen müssen, dass dies letztendlich nur eine Sichtweise auf einen höchst komplexen Konflikt ist. Universell wahr bleiben jedoch das Grauen des Krieges und die unendliche Tapferkeit derer, die ihm trotzen.

Waves

Ein Indie-Drama über Schuld, Sühne, familiären Zusammenhalt und neue Hoffnung nach dem Trauma. Mit Verve und Schmackes gefilmt, preisverdächtig gespielt. Eine Wucht.

The Climb

Ewig lange Takes, die Zweite: „The Climb“ erzählt von einer toxischen Freundschaft und bedingungsloser Loyalität, wobei alle mit Plansequenzfetisch mehrfach zum Höhepunkt geführt werden.

Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden

Selten wurde ich von einem Trailer so sehr in die Irre geführt. Ich ging ins Kino in der Erwartung einer halbwegs seichten Arthaus-Komödie und bekam dann einen der morbidesten, schwarzhumorigsten und verstörendsten Filme des Jahres vorgesetzt, der ganz sicher ins Fantasy Filmfest viel besser hingepasst hätte als im Programmkino in der Nachbarschaft. Danach sieht man Hundeliebhaber mit ganz anderen Augen …

Corpus Christi

Im Double-Feature mit dem „Zugreisenden“ – und was für ein Kontrastprogramm. Kühl und authentisch inszeniertes Drama über einen falschen Priester, der aber einen solch guten Job macht, dass er sich von sich selbst überzeugt. Lädt ein zu spannenden Reflexionen zu verschiedensten Themen, wie Glaube, Religion, Recht und Unrecht, Sinn und Unsinn und Bestimmung ein.

The Outpost

Alle Welt redet von „Tenet“ als DAS große Leinwandspektakel des Jahres – und kaum einer hat „The Outpost“ gesehen. Das Erzähltempo mutet anfangs noch sehr trocken an, die Figuren sind… nun ja. Amerikanische Soldaten. Zu Beginn aber etabliert der Film erfolgreich ein Gefühl der Unsicherheit und des tödlichen Zufalls, um dann in einem ausufernden Scharmützel zu gipfeln, das in punkto Intensität und realistischer Inszenierung das ziemlich sicher packendste und niederschmetterndste Stück Kriegsfilm seit „Der Soldat James Ryan“ und damit auch zugleich der Actionfilm des Jahres ist. Gesehen im Kino, mit sattem Sound. Der Anti-„1917“ und am Ende audiovisuell überwältigender als Nolans Blockbuster. US-Militärhuldigung und ein ab und an sichtbar geringes Budget ändern daran auch nix, dafür gibt Caleb Landry Jones Vollgas.

Bill & Ted Face The Music

Das wohl unbeschwert eskapistischste Filmerlebnis des Jahres und gerade in Coronazeiten einfach Balsam für die Seele. Atmet den Spirit der Vorgänger und guckt sich wie eine Mischung aus beiden, ohne allzu repetitiv zu wirken. Stattdessen jede Menge Einfälle und ein naiver, stets jugendfreier Humor, der nie gemein sein oder unter die Gürtellinie gehen muss und trotzdem zum herzlichen Lachen animiert. Gute, positive Vibes und viel Optimismus. Was haben wir alle diesen Film gebraucht, der aber hierzulande nur an einem einzigen Tag lief. Was für eine Schande. Einer der schönsten Kinobesuche 2020, da der kleine Saal verhältnismäßig gut besucht war und alle hörbar viel Spaß hatten, ohne sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen. So magisch kann Kino sein – und „Bill & Ted“ haben es mal wieder mir und allen Anwesenden gezeigt!

Vergiftete Wahrheit

Spannender und exzellent besetzter wie gespielter Justizthriller über einen echten und noch nicht zur Gänze beigelegten Skandal. Die Sorte Film, bei der man den Saal mit einer neuen Portion Skepsis verlässt, die man auch so schnell nicht abschütteln kann.

Festivalperlen

FREM (Berlinale)

Ein ganz und gar experimenteller wie einzigartiger Film, dessen Machart kaum zu beschreiben ist und sich in einem abstrakten Minimalismus ergeht und allerlei Denkanstöße zu Mensch und Umwelt, Künstliche Intelligenz und Medien gibt – und noch mehr, wenn man denn nur will. Eine eigenartige, stimulierende, auch recht anstrengende Erfahrung.

Voices in the Wind (Berlinale)

Ein langsam und äußerst behutsam erzähltes Werk über die Aufarbeitung eines großen Verlustes, aus der Sicht einer jugendlichen Protagonistin, die den Zuschauer auf einen Roadtrip nimmt, bei dem sie verschiedenen Figuren mit eigenen Schicksalen begegnet. Unterhalb der ruhigen Oberfläche lodert ein großer, emotionaler Kern, der sich am Ende wohlverdient Bahn bricht. Kaum ein Film hat mich 2020 mehr überrascht und gerührt als diese kleine Entdeckung aus Japan, die so mit einiger Wahrscheinlichkeit nie ihren Weg in unsere Gefilde finden wird.

The Assistant (Berlinale)

Der Film zu #metoo und Machtmissbrauch am Arbeitsplatz. Glücklicherweise aber kein lautes, penetrantes filmisches Pamphlet, sondern besonders kraftvoll eben weil Regisseurin Kitty Green viel lieber auf Indizien denn auf große Urteile setzt. Wie vermutlich auch im wahren Leben wird auch in „The Assistant“ versucht, unlautere Dinge geheim zu halten, die Wahrheit ergibt sich aus dem eigenen Zusammenfügen der Puzzleteile. Hierzulande regulär auf DVD und Blu-ray erschienen.

The Viewing Booth (Berlinale)

Hochinteressanter Dokumentarfilm über Medienwahrnehmung und -kompetenz und die Suche nach der Wahrheit in einem Meer aus Fakes im Internet und wie persönliche Erfahrungen und Vorurteile darüber entscheiden, wie wir vermeintlich echte Aufnahmen beurteilen.

First Cow (Berlinale)

Macht „Bill & Ted“ harte Konkurrenz als schönste Kino-Bromance des Jahres. Wunderbar lakonischer Humor über die gesamte Spielzeit, voll kleiner wie großer Absurditäten und einem Hauch Poesie in der Luft. Und auch die Kuh ist für ihr komödiantisches Talent nicht zu verachten.

Saudi Runaway (Berlinale)

Spannende Doku über die stark traditionellen, patriachalischen Verhältnisse in Saudi Arabien und dem äußerst gewagten Ausbruch aus einer Zwangsheirat. Die Protagonistin war übrigens beim Screening zugegen und erntete stehende Ovationen.

Last and First Men (Berlinale)

Der erste und letzte Spielfilm des verstorbenen isländischen, oscarnominierten Filmkomponisten Jóhann Jóhannsson. Ein surrealer, experimenteller Film, der einer Kunstinstallation gleicht und dessen Bilder alter Bauwerke und Skulpturen im Kontext der ausdrucksstarken Kameraarbeit, des unheimlich schönen Scores und des Voice-Overs von Tilda Swinton wie von einem ganz anderen Planeten wirken. Sci-Fi pur dank der in ein neues Licht gerückten Vergangenheit. Faszinierend.

Curveball (Berlinale)

Skurril, Skurriler, „Curveball“. Herrlich schrulliges, satirisches Politkino über eine haarsträubende, wahre Begebenheit. Furztrockener Humor zu dringlichen Themen – eine gute Zeit und eine willkommene, humoristische Abwechslung beim Festival.

DAU. Natasha (Berlinale)

Es sind reihenweise Leute aus dem Saal gegangen, mitunter auch unter lauten Beschwerden. Schwierig, aber kalt lässt das hier garantiert niemanden. Ein heftiger Tritt in die Magengrube und eine zutiefst abscheuliche Abhandlung darüber, wie in einer Hierarchie auch der ungenierte Missbrauch von Macht sich quer durch alle Ebenen zieht – und es dadurch auch immer ein noch viel größeres Arschloch gibt, als man zunächst denkt. Skandalträchtiger Teil aus einem noch viel skandalträchtigeren Projekt – und eigentlich auch blanker Horror. Brrr.

Jumbo (Berlinale)

Eine Frau verliebt sich in und hat Sex mit einem Fahrgeschäft in einem Freizeitpark. Die Liebesgeschichte des Jahres. Irgendwie.

Kajillionaire (Filmfest Hamburg)

Indie+Komödie+schräge Figuren = ein Film, den ich liebe! Fairerweise muss ich wohl erwähnen, dass ich aber auch grundsätzlich ein Herz für solche kleinen, weirden Juwelen habe, in denen die Marotten der Protagonisten gleichermaßen zum schießen sind und doch ein dramatisches, ultimativ herzerwärmendes Potenzial bergen. Evan Rachel Wood spielt famos auf, Filmemacherin Miranda July tut es ihr gleich. Ich musste bei der Sichtung so dringend aufs Klo, aber ich wollte nicht eine Sekunde verpassen! Ist noch mal gut gegangen. Hatte dann später auch einen regulären Kinostart.

Der Rausch (Filmfest Hamburg)

Mads Mikkelsen und seine Freunde bei einem persönlichen Experiment im Dauersuff zuzusehen, ist zunächst ein ganz großer „Hangover“-artiger Spaß, der aber auch gleich zu Beginn klarmacht, dass der Kater danach einen ganz anderen Ton anschlagen wird, als man es vermuten würde. Wie bei einem echten Saufgelage mit Kumpels möchte man auch beim Schauen von „Der Rausch“ die sich anbahnenden Probleme am liebsten zugunsten des alkoholgetränkten Spaßes verdrängen. Doch das Erwachen folgt sogleich und sorgt für einen tiefen Blick in den Spiegel. Starkes Ensemble trifft auf präzise Erörterungen von Suchtentstehung und ihren Folgen. Am Ende bleibt nur die Wahl: Die harsche Realität akzeptieren oder weitertrinken?

Sound of Metal (Filmfest Hamburg)

Riz Ahmed spielt in einer der besten Darbietungen des Jahres einen Drummer, der sein Gehör verliert. Einfühlsam erzählt und mit einem sehr authentischen Blick auf die Gehörlosengemeinde in den USA. Starke Nebendarsteller (Olivia Cooke! Paul Raci!) und ein famoses Sound-Design runden dieses starke Drama ab. Aktuell bei Amazon Prime Video zu sehen.

Nomadland (Filmfest Hamburg)

Unbestritten einer der ganz, ganz großen und schönsten, einfühlsamsten Würfe, die es 2020 in irgendeiner Form auf die große Leinwand geschafft haben, ohne dabei jemals melodramatisch zu werden. Regisseurin Chloé Zhao hat schon mit „The Rider“ begeistert und legt hier konsequent noch einen drauf und hat in Frances McDormand die perfekte Hauptdarstellerin dabei, die sich mal eben für eine weitere Oscarnominierung empfiehlt – mindestens. Erzählt wird von einer Frau, die alles verliert und fortan in ihrem Van durchs Land reist und dabei eine eingeschworene Gemeinde an Gleichgesinnten trifft. Es sind kleine zwischenmenschliche Momente voller Aufrichtigkeit, die ganz groß wirken, dazu fängt die Kamera poetisch schöne Bilder inmitten des prekären Alltags ein.

Ehrenwerte Streaming-Nennungen

7500 (Amazon Prime)

Schnörkelloser, kompakter Thrill im Flugzeugcockpit mit Joseph Gordon-Levitt. Spielt sein Konzept einmal fix und unkompliziert durch, nicht mehr und nicht weniger und damit perfekt kurzweilig.

Soul (Disney+)

Pixars zweiter Wurf 2020 (neben „Onward“) ist ein visuell einfallsreiches Werk, bei dem der Spagat zwischen Emotionen und Humor so gut wie schon lange nicht mehr gelingt. Perfekte Animationen treffen auf eine bewegende Geschichte über Sinn und Unsinn des Lebens und dem Funken, der uns alle antreibt.

Film-Review „Mulan“

von Niki Caro
mit Yifei Liu, Jet Lit, Donnie Yen

mulan bild

Als ob „Star Wars“, Marvel, Pixar und jetzt auch 20th Century Fox noch nicht genug wären, scheffelt Disney seit einigen Jahren auch jede Menge Geld mit Neuauflagen oder Fortsetzungen eigener Klassiker an den weltweiten Kinokassen. Zumeist handelt es sich um Realverfilmungen alter Trickfilme, die an das kollektive Nostalgiegefühl des Publikums appellieren und bislang geht die Rechnung finanziell exzellent auf: Die meisten dieser Projekte entpuppen sich als echte Megahits, mit Beispielen wie „Aladdin“ oder „Die Schöne und das Biest“, die jeweils über eine Milliarde US-Dollar einspielten.

Mit „Mulan“ geht das große Recycling fröhlich weiter beim Mäusekonzern. Der Film von Niki Caro kann nach einer langen Verschiebung wegen der vorangegangenen Coronakrise endlich das Publikum erreichen – allerdings nicht mehr auf der großen Leinwand, sondern bei Disney+. Fans können sich freuen, dass das Warten endlich ein Ende hat, denn allen Verantwortlichen ist ein Werk gelungen, das sogar das Original in den Schatten stellt.

Die Handlung ist in ihren Grundzügen identisch mit dem Trickfilm von 1998: Weil sich das Kaiserreich China gegen eine neue Bedrohung zur Wehr setzen muss, soll sich von jeder Familie ein Mann zum Kriegsdienst melden. Da aber Mulans Vater eben nur Töchter hat, meldet er sich freiwillig, obwohl er seit einem vorherigen Krieg nicht mehr richtig laufen kann. Eine erneute Schlacht würde seinen sicheren Tod bedeuten und deshalb stiehlt sich Mulan eines Nachts als Mann verkleidet davon, um an seiner Stelle der Armee beizutreten. Dort nicht aufzufliegen, entpuppt aber schon bald als das geringste Problem …

Wird etwas in der Welt der Videospiele neu aufgelegt, unterscheidet man gemeinhin zwischen einem Remaster oder einem Remake. Bei Ersterem handelt es sich um exakt das gleiche Produkt mit aufgehübschter Grafik, bei Letzterem kommen durchaus mehr Änderungen und künstlerische Freiheiten zum Tragen. Wenn ich ein wenig zynisch sein will, würde ich „Der König der Löwen“ von 2019 eher als Remaster bezeichnen. „Mulan“ hingegen ist wirklich ein Remake.

Denn wenngleich Titel, grober Plot und Hauptfigur identisch sind, so haben Regisseurin Caro und ihr Team doch jede Menge Änderungen vorgenommen. Einige von ihnen machten zunächst gerüchteweise schon im Vorfeld die Runde und wurden nach und nach bestätigt, was durchaus auf kritische Stimmen seitens der Fans stieß und auf die an dieser Stelle nicht im Detail eingegangen werden soll. Aber eines steht fest: Nahezu jede Abweichung vom Original stellt eine weise Entscheidung dar. Caro und die vier (!) Drehbuchautoren Rick Jaffa, Amanda Silver, Elizabeth Martin und Lauren Hynek haben sich das Original ganz genau angeschaut und filterten den emotionalen Kern der Handlung sowie das Potenzial zu epischen Actionszenen heraus und stellten diese Elemente in den Mittelpunkt, indem sie diese vertieft haben. Zudem haben sie neue Ideen hinzugefügt.

Knapp eine halbe Stunde länger geht der neue „Mulan“-Film und jede zusätzliche Minute ist ein Gewinn. Die längere Laufzeit wird in noch mehr Action und die tiefergehende Erörterung der Gefühle investiert, wodurch sich erzählerisch ein angenehmer Ernst entfalten kann. Zwar gibt es noch die ein oder andere humoristische Einlage, doch ein unkomplizierter Familienspaß sieht anders aus – und das ist gut so. Schließlich ist die Geschichte an sich alles andere als witzig und zum gefühlt ersten Mal bei einem Disney-Remake scheint man das auch verstanden zu haben. Passend dazu erhielt „Mulan“ eine überraschend hohe Altersfreigabe ab 12 Jahren von der FSK. Tatsächlich geht es mitunter ordentlich zur Sache und sogar etwas Blut wird vergossen.

Deshalb war auch kein Platz mehr für allzu komödiantische oder musikalische Aspekte des Zeichentrickfilms, andere Bausteine wiederum wurden verändert und verschoben. Das wird vielen Fans sauer aufstoßen, da ihr Durst nach Nostalgie damit gleich weit weniger gestillt wird, als bei anderen Neuverfilmungen. Trotzdem sollten sie auch diesem Beitrag eine Chance geben, denn als eigenständiges Werk funktioniert die neue „Mulan“ ausgezeichnet. Dabei behilflich ist eine erlesene Besetzung, die von Yifei Liu angeführt wird. Die Hauptdarstellerin sieht nicht nur aus wie die Titelfigur, sondern gibt auf allen Ebenen eine tolle Darbietung ab – leise, dramatische Szenen meistert sie gekonnt wie Actionszenen. Der übrige Cast, in dem sich Veteranen wie Donnie Yen, Gong Li, Jet Li und Jason Scott Lee tummeln, steht dem in nichts nach und legt dabei die genau richtige Portion Pathos an den Tag.

Die Schauspieler sind klasse, die Erzählung einfühlsam. Doch ausgerechnet inszenatorisch ist noch deutlich Luft nach oben bei dieser teuren Produktion mit einem geschätzten Budget von 200 Millionen US-Dollar. Während Ausstattung und Kostüme mit Prunk und Aufwand beeindrucken, sorgt das Zusammenspiel aus Kamera und Schnitt beizeiten für Kopfzerbrechen.

Nun ist es gängige Praxis, dass in Hollywood und auch anderswo die Kamera etwas wackeliger geführt und zugleich die Schnittfrequenz in Actionszenen erhöht wird, um zum Beispiel athletische Defizite der Darsteller zu kaschieren. Das macht das Endresultat nicht besser, ist aber zumindest verständlich. Auch in „Mulan“ geht es visuell des Öfteren recht hektisch zu. Wenn jemand wie Yifei Liu im Geschehen ist, mag das noch seine Berechtigung haben, aber bei einer Kampfkunstlegende wie Donnie Yen ist das geradezu unverzeihlich. Yen kann wirklich kämpfen, seine ganze Filmkarriere und seine internationale Reputation beruhen darauf. Dass Caro und ihre Kamerafrau Mandy Walker nicht mal einen Schritt zurückgehen konnten für einige übersichtlichere Aufnahmen, ist ärgerlich.

Aber auch abseits des Schlachtengetümmels irritiert „Mulan“: Eine Dialogszene verwirrt mit sehr schnellen Schnitten, um auch ja von jeder anwesenden Figur eine Reaktion ins Bild zu bekommen. Gleich zu Beginn sieht man, dass eine Kamerafahrt eigentlich noch länger andauern sollte, um etwas zu zeigen, doch da wird seltsamerweise weggeschnitten. Zudem schien man darauf bedacht zu sein, der Notwendigkeit von teuren Computereffekten aus dem Weg gehen zu wollen – gleich mehrmals kommen Cuts oder Kamerabewegungen zum Einsatz, um eine bestimmte Aktion nicht im Bild zeigen zu müssen. Bei einem Film dieser Preis- und Prestigeklasse wirkt diese kostensparende Methode reichlich seltsam. Der insgesamt positive Eindruck wird durch diese Makel ein wenig geschmälert.

Fazit:“Mulan“ ist eine der besten Disney-Neuverfilmungen bislang – und wäre sogar noch viel besser, wenn die Inszenierung ein wenig sauberer wäre.

7/10

 

 

Bildnachweis: Disney

Film-Review „Tenet“

von Christopher Nolan
mit John David Washington, Robert Pattinson, Elizabeth Debicki, Kenneth Branagh

Merry-Go-Round AKA Tenet

Mit „Tenet“ steht die Rückkehr des großen Hollywoodspektakels im Kino endlich bevor und noch ist nicht klar, ob es auch eine Rückkehr zu alter Form oder ob es sich eher um ein letztes Aufbäumen handeln wird. Finanziell ging wohl schon lange kein Studio ein solches Risiko ein wie Warner mit Christopher Nolans neuem Streich: Das Budget, das auf jenseits der 200 Millionen US-Dollar geschätzt wird, ist immens hoch, doch die weltweit von der Coronakrise geplagten Kinos sind noch lange nicht alle offen, das Publikum könnte noch verhalten bleiben.

Die Erwartungen sind jedenfalls hoch, so wie eigentlich bei jedem neuen Nolan. Der Regisseur hat über die Jahre bewiesen, dass man auch mit originären und anspruchsvollen Stoffen große Erfolge feiern kann und darf deshalb tun und lassen, was er will. Niemandem sonst ist es gestattet so viel Geld dafür zu verpulvern, die Zuschauer mit wilden (wirren?) Ideen zu konfrontieren. Doch die klingelnden Kassen geben ihm recht – wie aber wird es jetzt sein? Sollte der Thriller scheitern, so liegt es noch am wenigsten an ihm selbst: „Tenet“ ist nämlich formvollendetes Blockbusterkino. Vor dem man allerdings auch am besten kapituliert.

Aber worum geht es? Im Vorfeld des Kinostarts ist trotz veröffentlichter Bilder und Trailer so gut wie nichts über den konkreten Inhalt bekannt geworden und dieser Umstand soll an dieser Stelle respektiert werden. Nur so viel: Ein Agent (John David Washington) bekommt bei einem Vorfall Wind von einer neuartigen Munition, die ihn sogleich auf die Spur der größten Bedrohung bringt, mit der die Menschheit je zu tun hatte. Eine nukleare Bedrohung etwa? Viel schlimmer: Inversion, die Umkehrung der Zeit …

Umgekehrte Chronologie, verlangsamte Zeit, Zeitsprünge, drei Zeitebenen gleichzeitig – in der Karriere von Christopher Nolan finden sich zahlreiche Beispiele für den einfallsreichen Umgang mit dem temporalen Verlauf der Ereignisse. Das steht auch im Zentrum von „Tenet“ und ist somit der konzeptionelle Hauptreiz des Films. Im Laufe der satten 150 Minuten hält der Ansatz der Inversion jede Menge Aha-Momente parat, die für sich schon schwer unterhaltsam sind. Auch bekommen Actionszenen einen ganz neuen, bislang ungekannten Reiz, wodurch selbst eine an und für sich gewöhnliche Filmprügelei zweier Männer so aufregend gerät wie sonst nur die großen Schlachtszenen in anderen Titeln.

Doch wenn der Plot erst so richtig an Fahrt aufnimmt und sich zum Konzept noch der ein oder andere Twist gesellt, muss man schon exakt aufpassen, um nicht ganz den Faden zu verlieren. Oder man beherzigt einfach den Rat, der im Film selbst gegeben wird: Gar nicht erst versuchen, es zu verstehen, sondern fühlen. Keine schlechte Idee, denn möchte man wirklich jede Wendung auf ihre logische Akkuratheit überprüfen, während gleichzeitig die Sinne überwältigt werden?

Das macht es zumindest nicht einfacher – mitunter droht die Idee sich auch ein wenig störend über die Action zu legen, da man durchaus Gefahr laufen könnte, diese jederzeit zu reflektieren. Ist das jetzt richtig so, wie das abläuft? Und bei aller zur Schau gestellten Komplexität fällt das Drehbuch ohnehin ab und an in überraschende Banalitätenaber „was geschehen ist, ist geschehen“. Die Protagonisten bleiben indes über weite Strecken relativ blass und laden trotz guter Darbietungen an sich nicht zum Mitfiebern ein (dazu passt, dass einer tatsächlich nur „der Protagonist“ heißt). Doch sie sind ohnehin nur Figürchen auf dem großen Spielbrett Nolans und nur Robert Pattinson versteht es mit seinem aufblitzenden verschmitzten Charme Extrapunkte zu holen.

Trotzdem ist und bleibt „Tenet“ enorm spannendes Kino und das liegt einmal mehr am unverwechselbaren Gespür Nolans für nervenzerreißende Actionsequenzen. Dabei hat der gebürtige Brite einige Dinge wie kaum ein anderer in seiner Preisklasse verstanden: Bewegung im Bild selbst kann schon genug Intensität entfalten, sodass diese durch filmische Stilmittel nur noch akzentuiert, ja quasi nur ein wenig angeschubst, aber niemals mitgerissen werden muss. Das gilt für Autoverfolgungsjagden wie für einzelne Figuren: Wenn ein unter einer taktischen Uniform bullig wirkender John David Washington auf die Kamera zugerannt kommt, dann muss der oscarnominierte Kameramann Hoyte Van Hoytema ihn lediglich in aller Klarheit einfangen – ausuferndes Wackeln oder umherreißen muss in solchen Momenten nicht sein, zeigen und in einer ruhigen, stabilen Vorrichtung folgen, das reicht, denn das Gezeigte ist schon wuchtig genug.

Ferner besorgt die passende Musik für zusätzliche Energie auf der Tonspur, die auch das Bild intensiviert. In diesem Fall liefert Ludwig Göransson einen mitunter experimentell anmutenden Soundtrack, der ständig am Pulsieren ist, die Action perfekt untermalt – und manchmal rückwärts abläuft, passend zur Grundidee. Die scharfe Schnittarbeit von Jennifer Lame ist das i-Tüpfelchen und alles zusammen ergibt pure, kinetische Energie, die atemlose Spannung erzeugt, wie es sie nur im Kino gibt und die zum Ende hin noch ansteigt, wenn alles auf dem Spiel steht und eine gekonnte Parallelmontage abläuft.

Bei „Tenet“ ist eine rennende Person genauso spannend wie ein in ein Gebäude krachendes Flugzeug. Und wenn spätestens einige Dinge auch noch umgekehrt ablaufen, dann werden Actionpuristen wie Durchschnittskinogänger sicher aus dem Häuschen sein.

Fazit: „Tenet“ macht sich zu jeder Sekunde jeden Millimeter der großen Leinwand zunutze und ist damit Kinovergnügen in Reinform. Es könnte wirklich kaum einen besseren Film geben, um Menschen in diesen Zeiten zurück in die Säle zu locken. Trotz kleiner Schwächen ein insgesamt bombastisches Erlebnis, mit dem Warner seinen Teil zur Reanimation der Filmtheater geleistet hat – jetzt sind die Fans in der Pflicht!

7/10

 

Bildnachweis: Warner

Film-Review: „The Old Guard“

von Gina Prince-Bythewood

mit Charlize Theron, Matthias Schoenaerts, Chiwetel Ejiofor

THE OLD GUARD

Fans von Actionfilmen werden neuerdings wieder mit schöner Regelmäßigkeit verwöhnt: Nach einer mehrjährigen Phase der Kopfschmerzen verursachenden Wackelkameras und Schnittgewitter durften sich Filmfans anschließend über einen ganz neuen Schwung wegweisender Titel in ihrem liebsten Genre freuen. Die „John Wick“-Filme sind zum Beispiel elegant inszenierte Baller-Ballette im Neonlicht, „Mad Max: Fury Road“ ist formvollendetes Handwerk und „The Raid“ stellte eine neue Generation an gnadenlosen Prügelknaben in übersichtlichen Halbtotalen vor. „Style over substance“ wird ja gerne mal gelästert, um solchen Beiträgen das Fehlen jedweden Anspruchs zu unterstellen und ihnen mitunter auch gleich die Daseinsberechtigung abzusprechen, wenn man sich denn als Kultur-Snob zu erkennen geben möchte. Mag sein, aber bei diesen Beispielen handelt es sich mindestens um perfekten Style über manchmal doch einer Prise Substanz.

Nun kommt ganz frisch „The Old Guard“ bei Netflix um die Ecke. Der Trailer verspricht beinharte, bleihaltige Momente und derbe Kämpfe, zudem gibt sich in der Hauptrolle Oscarpreisträgerin Charlize Theron (Auszeichnung als Beste Hauptdarstellerin für „Monster“) die Ehre. Die spielte u. a. die weibliche Hauptrolle Furiosa im erwähnten „Mad Max“-Teil und erweckte damit auf der Stelle eine der stärksten Frauenfiguren des modernen Blockbusterkinos zum Leben. Ihr neues Projekt wird aber wohl kaum ein weiteres Highlight in ihrem Action-Portfolio darstellen. Warum? Kein Style und keine Substanz.

In „The Old Guard“ führt Theron als Kriegerin Andy eine kleine Gruppe Söldner an, die aus unerklärlichen Gründen so gut wie unsterblich ist. Einen Kugelhagel gleich zu Beginn des Films steckt die eingeschworene Truppe locker weg, die Wunden heilen einfach im Nullkommanichts. Seit Jahrhunderten setzen sie sich so fürs Gute ein, wobei erwähnt wird, dass einige von ihnen viel Zeit allein verbringen mussten. Das muss furchtbar öde gewesen sein – und offenbar soll das auch der Zuschauer spüren: Die 120 Minuten Laufzeit sind definitiv zu lang, die Actionszenen geraten so zur spärlich eingesetzten Abwechslung.

Und selbst die überzeugen nicht: Die Choreographie hat sich offensichtlich am „John Wick“-Handbuch orientiert und will mit einer Mischung aus Schüssen, Zweikämpfen, Griffen und Würfen punkten. Das sind zwar die richtigen Zutaten, doch Regisseurin Gina Prince-Bythewood und die gleich zwei (!) Kameraverantwortlichen wussten einfach nicht, diese gekonnt in Szene zu setzen. Selten sah ein Actionfilm ästhetisch so langweilig aus – es herrschen fade, ungesättigte graue Farbtöne vor, das Licht wird für keinerlei visuell herausstechende Aspekte genutzt und von ausgefallenen Winkeln oder meinetwegen auch von Zeitlupen scheint auch niemand jemals etwas gehört zu haben. Pseudocooler Einsatz von Pop-Balladen während Actionszenen verpufft so und wirkt eher armselig und sogar das Sound-Design klingt unsäglich flach. Aber auch abseits der Action liefert „The Old Guard“ Bilder, die zu keiner Sekunde bemerkenswert sind und die absolut unwürdig für die Kinoleinwand wären, weshalb sie folgerichtig ohnehin direkt bei Netflix zu sehen sind – zum Glück. Heutzutage legt jede Episode einer x-beliebigen TV-Serie mehr filmisches Stilbewusstsein an den Tag.

Hinzu kommen offensichtliche budgetbedingte Einschränkungen, die zu weiteren peinlichen Auswüchsen führen: Während zu Beginn noch bei Schießereien Stichflammen brav aufblitzen, fehlt am Ende von ihnen jedwede Spur. Stattdessen ertönen ausgerechnet im Finale die meisten Schüsse nur im Off, während mehrfach einfach weggeschnitten oder -geschwenkt wird. Die Filmwaffen werden offensichtlich gar nicht abgefeuert, zusätzliche visuelle Marker der Action fehlen komplett. Rückstoß, ausgeworfene Hülsen oder ähnliches – auch wenn man all diese Details nicht immerzu bewusst wahrnehmen mag, tragen sie doch sehr zu einem packenden Gesamteindruck bei. Ihr Fehlen wird aber nur unzureichend kompensiert, „The Old Guard“ wirkt damit erst recht nur billig. Anders als zum Beispiel bei „Tyler Rake: Extraction“ fehlt zudem die Wucht, die überwältigende Körperlichkeit, der Eindruck einer intensiven, viszeralen Erfahrung. Dazu mag die Prämisse vielleicht zu fantasievoll sein, um den wirklich rauen Weg zu beschreiten, aber da auch andere stilistische Überhöhungen fehlen, macht sich eben auch das bemerkbar.

Und: Zwar sind die Protagonisten per se nicht 100-prozentig unsterblich, doch für nahezu die gesamte Zeit macht das keinen Unterschied – fast schon nonchalant schmeißen sie sich den Schergen in den Weg, unfreiwillig komisch wirkt bisweilen ihre Lockerheit im Angesicht der Bedrohung. Welche Spannung soll sich denn also daraus ergeben? Eben, keine.

Mitfiebern ist bei diesen Figuren ohnehin nicht möglich: Das Drehbuch legt der diversen und doch farblosen Besetzung nämlich eine Erklärung nach der anderen in den Mund, um die Hintergründe zu erläutern, wobei trotzdem Fragen offenbleiben. Das geschieht dann in zumeist monoton vorgetragenen Dialogen, die an der Motivation jedes einzelnen Schauspielers zweifeln lassen, sodass die deutsche Synchro eigentlich nur eine Verbesserung darstellen kann. Das gilt auch für so verdiente Darsteller wie Theron, Matthias Schoenaerts („Der Geschmack von Rost und Knochen“) und Chiwetel Ejiofor („12 Years A Slave“), die den Autopiloten eingeschaltet haben. Nur in einer Rückblende blitzt kurz auf, was zumindest in Theron steckt – aber das ist zu wenig, zu spät.

Wirklich wichtig schien allerdings das ein oder andere politische Statement zu sein: Gleich zu Beginn werden fast ausschließlich Frauen in der US-Armee gezeigt, die beiden unsterblichen Joe und Nicky (Marwan Kenzari und Luca Marinelli) sind wiederum ein schwules Paar, das die meiste Zeit ihrer Screentime damit verbringt, sich gegenseitig anzuschmachten. In einem Moment hält Joe sogar eine regelrecht flammende Rede und beteuert darin seine Liebe zu Nicky gegenüber uniformierten, homophoben Schergen – näher am Puls der Zeit kann ein neuer Film so kurz nach dem Pride Monat Juni und den Protesten gegen Polizeigewalt nicht sein.

Fazit: „The Old Guard“ geht am besten direkt in die Actionfilmrente.

2/10

 

Bildnachweis: Netflix

Film-Review: „Bad Boys For Life“

von Adil El Arbi und Bilall Fallah

mit Will Smith, Martin Lawrence

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1995 nahmen mit der Buddy-Actionkomödie „Bad Boys“ die Laufbahnen von gleich drei Personen mächtig an Fahrt auf: Regisseur Michael Bay legte damit seinen ersten Kinofilm vor, dem noch viele weitere, zumeist sehr einträgliche folgen sollten. Und die beiden Hauptdarsteller Will Smith und Martin Lawrence wurden in der Folge zu echten Stars. Insbesondere Smith etablierte sich damit zum „Leading Man“ für die große Leinwand und zündete eine beeindruckende Phase in seiner Karriere, die ihn zwischenzeitlich zum wohl größten Star der Traumfabrik machte.

2003 folgte dann noch „Bad Boys II“, aber anschließend war es lange ruhig. Nach 17 langen Jahren nun erscheint dieser Tage mit „Bad Boys For Life“ endlich der dritte Teil. Doch vieles hat sich verändert: Michael Bay saß nicht mehr auf dem Regiestuhl und Smith ist längst nicht mehr der ganz große Publikumsmagnet von damals und ob Lawrence jemals einer war, sei mal dahingestellt. Wird der neue Teil ihnen wieder Feuer unterm Hintern machen wie einst der Erstling? Oder wird es sich um eine Abschiedsvorstellung von zwei Schauspielern in einem Film handeln, nach dem nach so langer Zeit vermutlich kein Hahn gekräht hat? Das Publikum wird entscheiden – aber eines ist jetzt schon klar: Am Film soll es nicht scheitern.

Nach mehr als 25 Jahren als Polizisten auf den Straßen von Miami nagt der Zahn der Zeit so langsam auch an Mike Lowrey (Smith) und Marcus Burnett (Lawrence). Letzterer ist gerade Großvater geworden und auch Ersterer färbt sich heimlich den Bart. Für Marcus stehen deshalb alle Zeichen auf Ruhestand und eine gemütliche Zeit mit der Familie. Doch die große Pause muss noch warten, denn die Chefin eines großen Verbrechersyndikats entkommt aus dem Gefängnis und hat blutige Rache an Mike geschworen, der sie einst hinter schwedische Gardinen brachte. Mit Hilfe ihres Sohnes sollen nach und nach alle Personen getötet werden, die sie einst zu Fall brachten – und Mike soll bei jedem einzelnen Tod dabei sein. Für ihn und Partner Marcus heißt es deshalb schon bald: „Bad Boys For Life“.

Dass mit Michael Bay der Filmemacher der beiden Vorgänger nicht mehr dabei war, dürfte unter Fans für Skepsis gesorgt haben, ist er doch ein Garant zwar nicht für große Filmkunst, dafür aber zumindest für lautes, teures und poliertes Filmhandwerk. Seine Abwesenheit ist aber mehr Segen als Fluch: Der in cinephilen Kreisen „Bayhem“ genannte exzessive Inszenierungsstil wurde deutlich zurückgefahren, ebenso der typische Militärfetisch, Patriotismus und Sexismus. Der neue Teil ist weniger laut und deutlich kürzer als Teil 2 und trotz großer Explosionen konzentriert er sich doch stärker auf das Wesentliche.

Hin und wieder versuchen die beiden jungen Regisseure Adil El Arbi und Bilall Fallah trotzdem, ihren inneren Bay zu finden und auf die Leinwand zu bringen. Abgesehen von kleinen filmischen Zitaten macht sich das natürlich in erster Linie in der Action bemerkbar. Diese ist nicht besonders einfallsreich choreographiert oder inszeniert, wobei zumindest im großen Showdown einige kreative Momente wie zum Beispiel eine spielerische Kameraneigung aufblitzen. Dafür fällt sie angemessen blutig aus und sorgt insgesamt für ausreichende Schauwerte, um zumindest als zweckdienlich angesehen zu werden.

Dieselbe Hochglanzoptik wie Bay erreichen Arbi und Fallah in „Bad Boys For Life“ aber auch nicht und zudem sieht man das im Vergleich zum zweiten Teil geringere Budget ebenfalls deutlich. Das dürfte auch dafür gesorgt haben, dass gefühlt deutlich weniger Action vorkommt als im ohnehin schon völlig ausufernden zweiten Film und sogar der Erstling hat knapp die Nase vorn – im dritten Teil gibt es so wenig Action wie noch nie in der Filmreihe. Und das ist gut so.

Die Handlung wartet mit einer großen Überraschung in der Mitte auf, die so noch nicht angedeutet wurde und durchaus für Kontroversen sorgen könnte. Allerdings ist die durchaus stimmig mit der Figur, die davon betroffen ist und der Art und Weise, wie das Publikum sie kennengelernt hat. Der Plot wird zu Beginn noch recht holprig vorangetrieben, der Filmschnitt fängt sich allerdings mit der Zeit.

Die geringere Actiondosis lüftet indes den Schleier vom absoluten Herzstück von „Bad Boys For Life“: Will Smith und Martin Lawrence. Statt nur von einem Krawall oder Gag zum nächsten gejagt zu werden, schenkt ihnen das Skript ausgiebig Zeit und offenbart so mehr denn je zwei grundsympathische Typen, die über jede Menge gemeinsame Historie und Chemie verfügen, was sich emotional so sehr auszahlt wie noch in keinem der vorherigen Filme.

Natürlich necken sie sich immer noch zur Genüge, viele Sprüche landen auch punktgenau im Ziel und schließlich gehört das zur DNA der Reihe. Vortrefflich wird der Humor aber mit dem Drama in Einklang gebracht, wenn sie über Vater Zeit reden und über das mögliche Ende ihrer Zusammenarbeit. Dann schütten sich Mike und Marcus nicht nur ihre Herzen aus, sondern spielen sich auch Smith und Lawrence ihre Seelen aus dem Leib. Ihre Figuren entwickeln sich glaubhaft weiter, ohne das Publikum mit zu großen Veränderungen zu irritieren. Erwähnung finden sollte an dieser Stelle auch Joe Pantoliano als Captain Howard, der ebenfalls verhältnismäßig gefühlvolle weil reflektierte Momente bekommt – nebst seinen cholerischen Ausbrüchen. Die übrigen Darsteller punkten aber eher mit Körpereinsatz und nicht mit gelungenem Spiel.

Fazit: Mit Erfolg gesundgeschrumpft – „Bad Boys For Life“ bietet weniger Action, dafür Will Smith und Martin Lawrence die gebührende Bühne zum Glänzen im besten Teil der Reihe.

7/10

Die besten Filme 2019 – Platz 1

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Hier sind sie also: Meine absoluten Topfavoriten des Kinojahres 2019! Die Reihenfolge ist beliebig, aber nicht meine Wertschätzung für jeden einzelnen der hier genannten Beiträge, die mich zum Lachen brachten, schockierten oder zutiefst ergriffen.

Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt

Die gesamte „Drachenzähmen“-Reihe ist kommerziell sehr erfolgreich und dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass Hicks, Ohnezahn und Co. popkulturell unterm Radar fliegen – völlig unverdient, wie ich finde. Der letzte Teil bringt eine der schönsten, konstantesten und damit besten Filmtrilogien der jüngeren Vergangenheit zu einem würdigen Abschluss, indem noch einmal alle zentralen Figuren stimmig weiterentwickelt werden und sich der Kreis dann schließt. Bemerkenswert, wie viel erzählerische Sorgfalt in dieses Franchise, in die Figuren und ihre Beziehungen gesteckt wurde und was für ein audiovisuelles Vergnügen das doch zugleich ist. Aber wenn man nebst modernster Animationstechnologie auch noch Roger Deakins als visuellen Berater an Bord hat, dann kann das Ergebnis einfach nur besser aussehen als die Konkurrenz. Und die Musik erst von John Powell, die sich über alle drei Filme entwickelt hat und wahre Ohrwürmer an Melodien hervorgebracht hat. Ich bin mir sicher: Auch wenn Disney den öffentlichen Diskurs mit jedem neuen Wurf zu dominieren scheint, wird das Vermächtnis von „Drachenzähmen leicht gemacht“ noch sehr lange nachhallen.

Shaun das Schaf – Der Film: UFO-Alarm

Ebenfalls eine Lanze brechen muss ich wieder einmal für Stop-Motion-Animation. Laika wurde dieses Jahr mit „Mister Link“ vorstellig, der technisch beeindruckte, aber erzählerisches Mittelmaß ablieferte. Nicht so die Macher bei Aardman in England: Mit dem zweiten „Shaun das Schaf“-Kinofilm haben sie sich wieder einmal selbst übertroffen und einen flotten, ideenreichen und letzten Endes geradezu makellosen Spaß auf die Leinwand gezaubert, der die Kleinsten genauso unterhalten wird wie große Sci-Fi-Fans.

Midsommar

Der zweite Geniestreich von „Hereditary“-Regisseur Ari Aster ist inszenatorisch wieder exquisit geworden. Tolle und vielfältige Winkel, ein spannendes Spiel mit Tiefenschärfen und intensive Farben zeichnen diesen ungewöhnlichen Horrorfilm bei Tag ästhetisch aus, der darüber hinaus die vielleicht grauenhafteste Trennung eines Paares beschreibt. Florence Pugh hatte ein starkes Jahr 2019 und ziemlich sicher kann man „Midsommar“ zu eine ihrer Durchbruchsdarbietungen auf dem Weg zum echten Star gezählt werden. Und ach ja, Urlaub in Skandinavien ist vom Tisch – für immer.

Mid90s

Nostalgie ist ein starkes Gefühl. Doch während ich zum Beispiel bei „Star Wars“ das Gefühl habe, dass davon kaum noch etwas übrig ist, hat mich Jonah Hills Regiedebüt über ein paar Skaterboys komplett aus den Socken gehauen. Sein Film zitiert nicht einfach die 90er, sondern fühlt sich wirklich wie ein Zeitdokument an. „Mid90s“ schaut man sich nicht einfach mal so an – ich habe ihn regelrecht durchlebt.

Systemsprenger

Der Liebling der Berlinale 2019, da sind sich gefühlt wirklich alle darüber einig und auch ich stimme da gerne mit ein. Eine intensive Achterbahnfahrt der Gefühle, angetrieben von einer Tour-de-Force-Vorstellung der kleinen Helena Zengel, über ein spannendes Thema, das mir bis dato nicht bekannt war. Anstrengend, aber am Ende vollkommen lohnenswert.

Free Solo

Herzrasen und schwitzige Hände hatte ich im Saal – wenn ein Film eine körperliche Reaktion auslöst, ist das oft ein sehr gutes Zeichen. Und wenn man in der Doku „Free Solo“ einen Kletterer in luftigen Höhen ohne Absicherung begleiten darf, dann ist das verdammt noch mal spannender und aufregender als jeder Thriller.

Ad Astra

2019 war auch sein sehr gutes Jahr für Brad Pitt, der zu Recht jede Menge Lob für seine Darbietung in Quentin Tarantinos „Once Upon A Time In Hollywood“ kassierte. Doch viel mehr mochte ich „Ad Astra“. Nicht nur gibt Pitt darin eine fein nuancierte Leistung ab, die daran erinnert, was für ein toller Charakterdarsteller er ist. Trotz der polierten und kameratechnisch eindrucksvollen Blockbuster-Oberfläche besticht der Film für mich besonders durch eine intime Vater-Sohn-Geschichte, die über elterliche Schatten und ihr Vermächtnis nachdenkt.

Marriage Story

Wenn mit Adam Driver und Scarlett Johansson zwei sehr charismatische wie talentierte Schauspieler für Noah Baumbach die besten Darbietungen ihrer Karriere aus sich herausholen, dann kann ich innerlich nur Beifall klatschen. „Marriage Story“ seziert das Auseinanderbrechen einer Ehe mit aufmerksamen Beobachtungen und starken Leistungen, ist beizeiten überraschend komisch, aber am Ende immer sehr berührend, ohne eine einfache Lösung zu bieten. Ganz stark.

Der Leuchtturm

Auch Robert Eggers meldete sich zurück und schickte Robert Pattinson und Willem Dafoe auf eine einsame Insel mit titelgebendem Leuchtturm. Ästhetisch ist das skurrile wie verstörende Duett einfach zum Niederknien, darstellerisch rufen auch diese beiden Stars Karrierebestleistungen ab. Inhaltlich macht es der Film einem aber nicht zu leicht, es darf viel interpretiert werden. Aber ganz gleich, zu welchem Ergebnis man kommen mag, der Weg dorthin ist grandios anzuschauen.

Parasite

Auch so ein Liebling der Kritiker mit dem ich vollkommen d’accord bin. Kaum ein anderer Film schaffte in diesem Jahr so perfekt und zugleich so mühelos den Spagat zwischen Grips und viel, viel Spaß. Die Handlung ist flott, unterhaltsam und wendungsreich und gibt zusätzlich viel Denkstoff über soziale Ungleichheit.

The Irishman

Scorsese, De Niro, Pesci und Pacino.

The Report

Superspannender, ausführlich recherchierter und erzählter Politthriller über den Versuch der CIA, die eigenen Foltermethoden nach 9/11 zu vertuschen. Erneut ist Adam Driver ganz vorne mit dabei, aber auch die restliche Besetzung mit u. a. Annette Bening und Jon Hamm überzeugt voll. Ein meinem Eindruck nach völlig untergegangener Film, den aber jeder, der sich für solche Stoffe auch nur geringfügig interessiert, unbedingt nachholen sollte. Als Amazon-Produktion ganz leicht bei Prime zu sehen.

 

Bildnachweis: Universal Deutschland, MFA, Weltkino

Die besten Filme 2019 – Platz 2

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So, ihr wisst, wie es dieses Jahr läuft. Statt einer Liste gibt es 2019 drei mit den besten Filmen des Jahres. Hier sind die zweitbesten Filme des Jahres, die ich absolut sehenswert finde und die nur knapp an der Spitze vorbeigeschrammt sind.

Beale Street

Ein wunderschöner und romantischer Film von „Moonlight“-Regisseur Barry Jenkins, der zugleich voll politischer Energie ist – und damit im positiven Sinne auch an Spike Lee erinnert.

John Wick: Kapitel 3

Ist die Story zu dünn für die Laufzeit? Sicher. Aber handelt es sich auch um ein pures Actionmeisterwerk? Unbedingt! In punkto Inszenierung von Filmgewalt kann in Hollywood aktuell niemand Chad Stahelski und seinem Team das Wasser reichen und kein Superstar gibt vor der Kamera körperlich so viel Vollgas wie Keanu Reeves. Schweißtreibend, knallhart und einfallsreich – da gab es zu Recht auch Szenenapplaus in der Vorführung.

A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando!

Ich finde den deutschen Verleihtitel völlig missraten (sorry), aber abgesehen davon hat sich die neunjährige Wartezeit auf einen neuen „Toy Story“-Film mehr als gelohnt. Animationstechnisch atemberaubend und Pixar-üblich sehr ergreifend erzählt und umwerfend lustig. Insgesamt hat 2019 gezeigt, dass Fortsetzungen eine verdammt gute Sache sein können, wenn sie nur richtig gemacht werden.

They Shall Not Grow Old

Noch nie wurde die Vergangenheit so plastisch und realitätsgetreu zum Leben erweckt wie in Peter Jacksons Dokumentarfilm über den Ersten Weltkrieg. Eine technische Meisterleistung, die den Schrecken von damals greifbar macht – da kann ich auch getrost drüber hinwegsehen, dass ich ohne Untertitel nur gefühlt die Hälfte verstanden habe (und das trotz solider Englischkenntnisse).

Porträt einer jungen Frau in Flammen

Einer der schönsten und unverschämt romantischsten Filme des Jahres, ästhetisch eine Augenweide und phänomenal gespielt von Noémi Merlant und Adèle Haenel. Und dazu noch eine der tollsten Schlusseinstellungen des Jahres. Ich konnte lediglich nicht sehr viel mit dem Nebenhandlungsstrang um die Haushälterin anfangen. Ohne ein klarer Kandidat für die Top-Kategorie.

I Lost My Body

Dieser Netflix-Film ist eine wunderbare und nach wie vor dringend benötigte Erinnerung daran, dass die Welt des Animationsfilms aus weit mehr als nur Disney und die Minions besteht – und auch erwachsene Stoffe auf einmalige Weise zu erzählen weiß. Eine morbide Ausgangsidee, die aber eine rührende Geschichte über unsere eigene Vergangenheit, Altlasten und neue Chancen im Leben offenbart. Eine Perle.

The Farewell

Ich hatte zwischendrin minimale Probleme mit dem Erzähltempo. Aber abgesehen davon ist Lulu Wang ein einfühlsames Indie-Drama mit viel Herz und Humor gelungen, das über Herkunft, Identität, Tradition und Moderne reflektiert. Awkwafina empfiehlt sich als ernstzunehmende dramatische Schauspielerin, die Rolle ist definitiv ihr Durchbruch.

Shazam!

Heutzutage ist es schon wieder erfrischend, einfach mal wieder eine Origin-Story zu sehen – die im Übrigen zum Totlachen witzig ist und viel Herz hat. Selten so viel unbeschwerten Spaß gehabt wie mit „Shazam!“.

The Lodge

Teilweise rätselhafter, aber immer gnadenlos atmosphärischer Horrorthriller mit fiesen Twists, toller Ästhetik und einem kleinen, aber stark aufspielenden Ensemble, angeführt von Riley Keough. Und das Ende ist ein Schlag in die Magengrube. Mein Highlight des Fantasy Filmfests.

Booksmart

Caitlyn Dever und Beanie Feldstein sind ein urkomisches, dynamisches Duo in diesem famosen Regiedebüt von Olivia Wilde, das das Genre der derben Teeniekomödie auf ganz eigene Weise neu durchspielt.

 

Bildnachweis: Alamode, DCM, Disney Deutschland

Die besten Filme 2019 – Platz 3

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Wieder einmal geht ein weiteres Kinojahr zu Ende und zwar eines, das reich war an vielfältigen Höhepunkten, die alle auf ihre ganz eigene Weise den Eintritt und die investierte Zeit wert waren. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um hochbudgetierte Spektakel, Werke aus Europa oder Asien, animierte Filme, Arthouse, Drama oder Komödie handelte. Sie alle waren auf ihre Weise toll – und deswegen wird es Zeit, sie noch einmal zu feiern.

Doch wie soll man mit der Fülle an Werken, die man auch an dieser Stelle erneut weiterempfehlen möchte, umgehen? Entweder man sortiert radikal aus und / oder verschiebt alles, was es nicht in die Bestenliste schafft, in die „lobenden Erwähnungen“. Oder man pfeift einfach drauf. Ich für meinen Teil lasse mich dieses Jahr von der NBA-Berichterstattung inspirieren: Schon oft konnte ich im Vorfeld einer neuen Saison der US-Basketballprofiliga eine Auflistung der Teams in drei Kategorien wahrnehmen: Die Spitze, das Mittelfeld und die Abgehängten.

So ähnlich möchte es ich auch machen – nur dass meine Kategorien Treppchenplätze sind, auf denen sich dann halt mehrere Titel tummeln dürfen. Kapiert? Na dann, auf geht’s mit meiner Auswahl der drittbesten Filme 2019!

 Cold War – Der Breitengrad der Liebe

 Manchmal ist es vollkommen ausreichend, mal seine Augen zu verwöhnen und sich einen Film wirklich „anzuschauen“. In der Hinsicht erlebt man bei „Cold War“ den filmästhetischen Himmel auf Erden, bei dem das Traumduo aus Regisseur Pawel Pawlikowski und Kameramann Lukasz Zal (beide stellten schon den ebenfalls betörend aussehenden Film „Ida“ auf die Beine) wieder zusammengearbeitet hat. Visuell einer der schönsten Filme, die ich 2019 im Kino sah (wenngleich er eigentlich schon 2018 in deutschen Kinos anlief).

Creed II

Wer die Erwartungen an (zwar auch vorhandene) spannende Boxkämpfe etwas herunterschraubt, wird wie schon beim Vorgänger mit einem einfühlsamen Drama belohnt, das nicht nur der neuen Generation an Faustkämpfern, sondern vor allem den alten Haudegen viel Zeit einräumt und ihnen trotz aller menschlichen Makel auch Würde verleiht. Beide „Creed“-Filme zeigen besonders, dass Sylvester Stallone ein formidabler Schauspieler ist, wenn er denn nun will. Und dass er seine eigenen Franchises erfolgreich auch im Alter fortführen kann – anders als „Rambo“.

Gully Boy

 Gesehen bei der Berlinale 2019. Indischen HipHop hatte ich bislang noch nicht auf dem Schirm, aber seit „Gully Boy“ weiß ich, dass die Szene dort drüben sehr lebendig sein muss. Ihn als indischen „8 Mile“ zu beschreiben, ist durchaus zutreffend und doch lange nicht ausreichend. Ein mitreißender Film, der auch sorgfältig auserzählt ist.

Vice – Der zweite Mann

 Christian Bale ist immer ein Hingucker, ganz besonders spindeldürr oder wie hier, fett und mit Halbglatze. Dazu kommen ein beißend satirischer Ton und starke Nebendarsteller. Tolle Unterhaltung.

Normal

 Was ist typisch männlich, was stereotyp weiblich? Dokumentarfilmerin Adele Tulli schaut in ihrem Berlinale-Beitrag ganz genau mit der Kamera und in teils atmosphärischen Einstellungen hin und lässt alltägliche Situationen für sich sprechen. Tulli kommentiert nicht, doch die klug ausgewählten und montierten Impressionen laden zur Reflexion ein.

Birds of Passage

 Ein Gangster-Epos, das aber mit der filmischen Sensibilität des Arthouse-Weltkinos erzählt und inszeniert wurde. Tolle Bilder veredeln eine ruhig voranschreitende Handlung, die darüber hinaus interessante Einblicke in die Kultur der Wayuu gibt.

Godzilla II: King of the Monsters

 Richtig gelesen: Dämliches, lautes Monster-Haudraufkino auf der Liste der besten Filme des Jahres? Ab-so-lut! Infantiler Spaß in gigantischen Ausmaßen sei hier gestattet, bei dem man überraschend tolle visuelle Momente bestaunen darf. So manch eine Einstellung in dem Film wirkt auf der Stelle ikonisch und das hat „King of the Monsters“ vielen anderen, erfolgreicheren Blockbustern 2019 voraus. Ansonsten liefert der Film einfach genau das ab, was der Titel verspricht – königlich viel Spaß im XXL-Format.

High Life

 Robert Pattinson im All, eine durch und durch durchdrehende Besatzung, eine unfassbar gespielte Masturbationsszene mit Juliette Binoche, eines der schönsten Enden des Jahres und Futter fürs Hirn auch nachdem das Licht wieder angegangen ist. „High Life“ hat für mich Klick gemacht, als ich gedankenversunken und mit ruhiger Filmmusik auf den Ohren den nächtlichen Irrsinn auf Hamburgs Reeperbahn beobachtet habe. Stark.

Vox Lux

 Eine starke, sträflich übersehene Performance von Natalie Portman und ein souverän inszeniertes Stück Showbiz-Kritik.

A Rainy Day in New York

Nein, ich bin kein großer Woody-Allen-Fan und kenne nur ein paar wenige seiner eher zeitgenössischen Filme der letzten sechs bis sieben Jahre. Nein, ich denke noch nicht, dass er immer wieder denselben Film macht und nein, es spielt beim Gucken keine Rolle, was über ihn alles so erzählt wird. „A Rainy Day in New York“ war einfach nur ein lockerer, mühelos und perfekt unterhaltsamer Film für einen verregneten Tag in Hamburg.

Die Eiskönigin 2

 Kristen Bell und „The Next Right Thing“ klopfen mein eiskaltes Herz einfach windelweich, bis es die Fühler ausstreckt und die nächstbeste Person fest drücken will. Sicherlich nicht makellos, aber eine Verbesserung zum sehr formelhaften Vorgänger.

Le Mans 66 – Gegen jede Chance

Ein im Kern recht konventionelles Biopic, das aber stark gespielt und noch stärker inszeniert wurde. Die Rennszenen sind dank des perfekten Schnitts richtig mitreißend und atemlos geraten.

 

Bildnachweis: Warner Deutschland, MFA

Die schlechtesten Filme 2019

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Insgesamt bin ich verdammt glücklich mit dem Kinojahr 2019 und das obwohl ich so wenige Filme gesehen habe wie seit 2013 nicht mehr. Aber zu jedem Knaller gehört auch leider die ein oder andere Gurke, von denen ich hier zumindest einigen (bei weitem nicht allen) meine eigentlich unverdiente Aufmerksamkeit schenken möchte. Die Anzahl ist völlig beliebig, ebenso die Reihenfolge und reflektiert und seriös formulieren wollte ich auch nicht – ich mein, wozu sich die Mühe für Scheiße machen. Ihr seid hiermit vorgewarnt!

Blood Fest

Gesehen bei den Fantasy Filmfest White Nights. Ich find es jedes Mal aufs Neu unerklärlich, wie man eine blutige Horrorkomödie in Sand setzen kann. Aber es geht – big time! Langeweile, keine frischen Ideen, unsympathische und dämliche Figuren. Meh.

Alita: Battle Angel

Ein „pseudo-guter“ Film. Teure Optik, aber im Kern eine hohle, grobschlächtige Erzählung, bei der ich bei jedem emotionaleren Storybeat vor meinem geistigen Auge gesehen habe, wie jemand wieder einen Kasten auf der To-Do-List abhakt. Für mich einer der am meisten überbewerteten Filme der jüngeren Vergangenheit, der seltsamerweise eine große Fangemeinde gefunden hat. Schade – Hollywood, lass einfach in Zukunft die Finger von Mangas!

The Kindness of Strangers

Der Eröffnungsfilm der Berlinale ist ein naives, brechreizinduzierendes Loblied auf Gutmenschen. Wow, ich kling gerade wie ein rechter Populist! Aber ein Film, der so wohlwollend und positiv sein möchte und alle Konflikte durch ein wenig Nächstenliebe in der Luft verpuffen lässt, ist einfach nur langweilig.

Flatland

Berlinale 2019. Darf man einen Film eigentlich heutzutage scheiße finden, selbst wenn seine Intention ganz klar die richtige ist? Ich für meinen Teil sage: Verflucht, ja! „Flatland“ ist ein pures Politikum oder wäre es zumindest – aber ein unsagbar schlechter Film, furchtbar inszeniert, gespielt und erzählt. Nein, das sicherlich geringe Budget ist kein Argument.

Searching Eva

Genervt von der ganzen Selbstdarstellung in den sozialen Medien? Wie wäre es mit Selbstinszenierung im Kino in Form einer Doku in Spielfilmlänge über Selbstinszenierung und Selbstfindung im Netz? Genau. Zugezogenes Hipster-Girlie in Berlin verdingt sich als Sexarbeiterin, spritzt sich Heroin und gibt sich Instagram hin. Ein Porträt das beispielhaft steht für eine ganze Generation? Ich hoffe nicht. Ansonsten wäre das hier der Horrorfilm des Jahres! Viel zu oberflächlich, unfassbar eingebildet – das Subjekt oder der Film? Ich denke beides.

Captain Marvel

Inszenatorisch so 08/15 wie ein Comic-Blockbuster heutzutage nur sein kann. Ästhetisch einfallslos, mitunter sogar im wahrsten Sinne des Wortes unterbelichtet, aber heyyyyy, ironischer Einsatz cooler 90er-Jahre-Musik im Showdown, das ist doch cool, oder? Dazu die größte Fehlbesetzung überhaupt in Brie Larson, die ich bis dahin sehr mochte („Raum“, „Short Term 12“, „Schloss aus Glas“ – alles tolle Filme mit wunderbaren Darbietungen von ihr), die aber völlig überfordert ist mit der Titelrolle. Aber posieren wie ein Wandschrank, das kann sie.

Hellboy – Call of Darkness

Ich gestehe: Beim Finale mit den Höllenkreaturen hab ich vor Vergnügen ein wenig gekichert – die Designs haben mir alle durchweg gefallen, die sehr kurze aber hyperbrutale Splatterabfahrt war eine Mordsgaudi für mich – ahh, endlich wieder ein hemmungsloses Gemetzel! Nur war’s das leider schon an persönlichen Highlights. Der Rest nervt unfassbar mit lauten, hektischen, leeren Dialogen, wilder und konfuser Inszenierung und mauen Effekten.

Lloronas Fluch

Wie oft wollen die Macher des „Conjuring“-Universums denn noch denselben Film mit denselben Jump Scares machen?

Men in Black: International

Ich glaube, diese Liste ist jetzt schon länger, als ich gedacht hätte, aber ich komme wohl ein wenig in Fahrt. So überflüssig, wie ein Sequel heutzutage nur sein kann – immerhin sorgt Kumail Nanjiani in seiner Sprechrolle für ein paar Schmunzler.

Der König der Löwen

Klar habe ich im Vorfeld Bilder und Trailer gesehen, aber trotzdem wollte ich mir das auch in voller Länge geben, um dann wirklich darüber urteilen zu können, ob dieser photorealistische Ansatz überhaupt funktioniert. Überraschung: Tut er nicht. Dieser Film ist der vielleicht schlimmste von allen, weil er ein völlig falsches Signal an alle Verantwortlichen aussendet, die sich durch den Erfolg ja nur darin bestätigt sehen werden, diese furchterregende, potthässliche wandelnde Leiche von einem Film auf die Menschheit losgelassen zu haben – die sogleich mit ihren Banknoten gewedelt hat. Ein Armutszeugnis auf allen Seiten.

Synonyms

Die internationale Kritik mag ihn. Ich nicht. Hässlich anzuschauender Film über ein asoziales Arschloch ohne weitere Charaktereigenschaften, Motivation und Entwicklung. Arthouse at ist worst.

Terminator: Dark Fate

Die filmgewordene Verschlimmbesserung eines ohnehin schon darbenden Franchises. Was viele vergessen: Tim Millers „Deadpool“ war schon mau inszeniert, dank ekligem, grauen Color Grading und einfallsloser Action. Der Film hatte einen guten Vorspann und Ryan Reynolds auf seiner Seite. Aber Miller hat es einfach nicht drauf und „Terminator: Dark Fate“ unterstreicht das erneut. Ein Werk, das mitunter das Vermächtnis der Marke der Lächerlichkeit preisgibt.

Halloween Haunt

Proletenhafte Machos und Tussis, die immerzu quasseln, das Handy zücken, was auch immer – ich hasse sie und möchte ihnen im Kino am liebsten die Schädel von hinten eintreten. Aber bei diesem Film hat es mir herzlich wenig ausgemacht. Hmmmmm.

Midway

Es gibt grandiose Kriegsfilme. Und spannende oder spaßige Videospiele mit Kriegsthematik. Aber ein Kriegsfilm, der aussieht wie ein Videospiel, weil die Effekte so mies sind? Nein. Einfach. Nein.

(„Cats“ habe ich übrigens noch nicht gesehen, als ich diesen Text verfasst habe.)

 

Bildnachweis: Disney Deutschland, Fox Deutschland

Film-Review: „Die Eiskönigin 2“

von Chris Buck und Jennifer Lee

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Prinzessinnen, Märchen und Magie, lustige wie niedliche Sidekicks, zahlreiche Ohrwürmer – die Disney-Formel hat sich über Jahrzehnte hinweg insbesondere im Animationsfilmsektor bewährt und erreichte 2013 mit „Die Eiskönigin“ kommerziell den bisherigen Höhepunkt: Kein animierter Spielfilm war je zuvor so erfolgreich und wenn man die bisweilen kontrovers diskutierte Einordnung der „König der Löwen“-Neuverfilmung in derselben Kategorie außer Acht lässt, dann steht der Rekord bis heute. Nun aber könnte er endlich wackeln, denn mit „Die Eiskönigin 2“ kommt jetzt die Fortsetzung in die Kinos. Ob es reichen wird für die neue Bestmarke? Das Publikum wird entscheiden – aber künstlerisch hätten es die Macher durchaus verdient.

Es herrscht Harmonie im Königreich Arendelle, das Elsa als friedliche Königin regiert. Sie und ihre Freunde verbringen eine schöne Zeit miteinander, wobei Kristoff den nächsten großen Schritt in seiner Beziehung mit Anna wagen möchte. Doch eines Tages hört Elsa eine unbekannte Stimme eine Melodie summen. Doch woher kommt sie und warum kann nur Elsa sie hören? Auf der Suche nach dem Ursprung landen sie und die anderen in einem magischen Wald, der ein großes Geheimnis über Elsas und Annas Vergangenheit birgt und das Schicksal von ganz Arendelle für immer verändern wird …

Es verwundert schon lange nicht mehr und soll an dieser Stelle nur fix abgehakt sein: Ja, „Die Eiskönigin 2“ sieht technisch einfach toll aus, Animationen auf dem neuesten Stand der Technik werden präsentiert, aber das erwartet man mittlerweile von einem Studio, das über entsprechend viel Geld besitzt, um von Film zu Film die Rechenpower permanent nach oben zu treiben.

Der Grund aber, weshalb man das neue Werk der zurückkehrenden Filmemacher Chris Buck und Jennifer Lee wirklich mit den Augen genießen kann und soll, ist die Inszenierung. Der erste Teil ist in der Hinsicht zwar routiniert und souverän, doch grade rein filmästhetisch bleibt wenig im Gedächtnis. Umso mehr fällt dem cinephilen Auge auf, dass nun in der Fortsetzung vereinzelt Bilder kreiert wurden, die ein echtes Gespür für tolle Bildgestaltung spüren lassen und sich so wohltuend vom Mainstream- und Blockbuster-Einerlei abheben.

Doch kaum einer wird den Film einzig der schicken Optik wegen schauen wollen – wie geht es mit den beliebten Figuren weiter? In „Die Eiskönigin 2“ werden einige zentrale Fragen des Vorgängers endlich beantwortet und es wird keine Zeit damit verschwendet, klarzumachen wohin die Reise geht. Woher hat Elsa nun ihre Kräfte? Und was war das Ziel ihrer Eltern? Fans können sich jedenfalls auf einige spannende Enthüllungen gefasst machen – und auf eine insgesamt trübere Stimmung: Gleich zu Beginn wird im Herbstlaub über das Älterwerden gesungen, ein feiner Hauch von Melancholie schwebt über der Szenerie.

Der Weg zu den großen Wendungen der Handlung geizt zudem konsequenterweise nicht mit dramatischen Momenten und Phasen, die dem Film einen insgesamt düstereren Anstrich verleihen, bei dem kein Auge trocken bleiben dürfte. Wenn sich Elsa, Anna und Olaf zwischendrin am Tiefpunkt befinden, dann ist das keine erzählerische, weil formel- und klischeehafte Behauptung, sondern es fühlt sich tatsächlich so an. Während der Vorgänger dramaturgisch durchaus gröber ablief, fühlt sich der Plot von „Die Eiskönigin 2“ runder an; diverse Szenen entfalten eine stärkere Wirkung, weil sie mehr ausgekostet werden.

In diesem Zusammenhang spielen auch die vielen Lieder wieder eine große Rolle. Neue Songs wurden komponiert, die erneut viel Ohrwurmpotenzial versprühen, wobei gleich einige als Konkurrenten zum Megahit „Let it go“ in Stellung gebracht wurden. Ob sie dem Ausnahmesong von damals das Wasser reichen können, muss aber jeder für sich selbst entscheiden. Viel wichtiger für den Film ist jedoch, dass die Gesangseinlagen besser als zuvor konkret in die Handlung eingebettet wurden. Während der Musiknummern wird oftmals der Plot weiter vorangetrieben, womit die Geschichte von ihnen profitiert. Dadurch wirken die Lieder weniger vom Rest des Geschehens isoliert, sondern entfalten sogar noch bisweilen eine dramatischere Wirkung.

Natürlich ist nicht alles so finster, wie man jetzt denken könnte – es handelt sich immer noch um einen Disney-Familienfilm und der liefert auch zur Genüge Spaß und Niedlichkeiten ab, wie man es erwartet. Schneemann Olaf glänzt dabei wieder einmal als urkomischer Sidekick, hat die meisten Lacher auf seiner Seite und sorgt so für ein oft dringend benötigtes Gegengewicht zu den inhaltlichen Entwicklungen. Allerdings reicht er auch zur Genüge – dass sich in der Mitte des Films noch eine weitere „Witzfigur“ hinzugesellt, ist völlig unnötig. Die mag zwar sehr putzig sein und wird viele Fans finden, da sie aber nicht sehr viel Screentime erhält, ist sie ultimativ überflüssig und ganz offensichtlich das Ergebnis von kühlem Disney-Geschäftskalkül.

Als weiteren Makel muss man auch den Nebenhandlungsstrang um Kristoff und Anna nennen. Der hat nämlich mit der restlichen Handlung nichts zu tun und wird sogar über weite Strecken völlig ignoriert und dient lediglich dazu, Kristoff überhaupt eine erzählerische Daseinsberechtigung zu geben. Der Blondschopf wird an einem gewissen Zeitpunkt regelrecht aus dem Film gekegelt und darf erst wieder in Erscheinung treten, wenn er gebraucht wird. Zum Glück beschränkt sich dafür die Anwesenheit der Steintrolle auf nur eine kurze Szene, in der sie mal wieder für eine kurze Erklärung da sind, weil sie ja offenbar zu jederzeit über alles einfach so Bescheid wissen. Das sind allerdings alles in allem kleinere Mäkel, die den positiven Gesamteindruck kaum schmälern.

Fazit: Anna, Elsa und Co. sind zurück – und wie! „Die Eiskönigin 2“ bietet jede Menge tolle Unterhaltung für die ganze Familie und erzählt dabei eine sogar spannendere Geschichte als vorher.

8/10

 

Bildnachweis: Disney